Welcher Codec wird nach MPEG4 AVC (H.264) die Führung übernehmen? HEVC (H.265) wächst weiterhin, AV1 behauptet immer deutlicher seine Position, aber VVC – der offizielle Nachfolger von HEVC – hat laut Rethink Research praktisch keine Chance auf eine massenhafte Adoption.
Über Jahre hinweg trieb MPEG2 DVDs und digitales Fernsehen an, bevor es durch MPEG4 AVC ersetzt wurde. Später wurde HEVC der Standard für 4K und HDR, und AV1 gewann die Unterstützung von Technologiegiganten als kostenlose Alternative. Nun sucht die Branche langsam nach der nächsten Generation von Codecs – mit Blick auf 4K, 8K, VR und die Senkung der Datenübertragungskosten.
Ist VVC "tot am Start"?
Theoretisch sollte der nächste Schritt VVC (H.266) sein – ein Codec, der als direkter Nachfolger von HEVC entwickelt wurde. 2020 veröffentlicht, versprach er eine Halbierung der Bitrate bei gleicher 4K-Qualität. Doch vier Jahre später implementiert ihn praktisch niemand. Alex Davies, Senior Analyst bei Rethink Research, bewertet dies eindeutig:
"Es ist nicht ganz wahr, dass VVC tot am Start ist, aber es weicht so sehr von den historischen Normen der Codec-Adoption ab, dass es in der Praxis so ist. Der Markt hat keinen Anreiz, ihn zu implementieren. Dies liegt an dem enormen Anstieg der Bandbreite des mobilen und Festnetz-Internets sowie dem sprunghaften Anstieg der Rechenleistung von Geräten. Niemand fordert VVC, und davon profitieren AV1 und AOMedia."
Kurz gesagt: Streaming-Dienste sehen keinen Bedarf, auf VVC umzusteigen, und die Hardwarehersteller bieten nicht einmal Chips an, die diesen Codec hardwareseitig unterstützen.
AV1 ist bereits hier. AV2 ist unterwegs
AV1 – entwickelt von AOMedia und unterstützt von Amazon, Apple, Disney, Google, Intel, Meta, Microsoft, Nvidia und Samsung – hat bereits reale Implementierungen im Streaming und in der Hardware. Dennoch verliert es in der Verbreitung gegen HEVC, das laut Prognosen erst im Jahr 2028 der am häufigsten verwendete Codec der Welt sein wird und MPEG4 AVC überholen wird. Die nächste Generation, AV2, soll Ende 2025 fertiggestellt werden. AV2 soll eine größere Effizienz in 4K, 8K und VR bringen – also in den Bereichen, auf die auch VVC abzielte. Doch selbst hier gehen Analysten von einem langsamen Adoptionsprozess aus.
Die ersten Geräte mit Hardware-Unterstützung für AV2 und VVC existieren noch nicht.
Was kommt als Nächstes? Mögliche Rückkehr zu urheberrechtlichen Codecs und KI
Davies fügt hinzu, dass die Zukunft ganz anders aussehen könnte als bei früheren Generationen von Codecs:
„Es besteht weiterhin die Chance, dass die größten Streaming-Dienste beginnen, eigene interne Codecs zu entwickeln. Hinzu kommt der Trend zur Umstellung auf KI-basierte Kompression, die NPU-Chips in Endgeräten nutzt. Das könnte den traditionellen, blockbasierten Ansatz zur Bildkodierung infrage stellen – aber das ist eine Perspektive, die weit über den Rahmen unserer Prognose hinausgeht.”
Mit anderen Worten: Bevor AV2 oder VVC weit verbreitet sind, könnte die Branche bereits in Richtung auf maschinelles Lernen basierende Algorithmen abbiegen.
Zusammenfassung: Was ist wirklich der Standard?
HEVC (H.265) – dominiert im 4K-Bereich, stabil wachsend.
AV1 – gewinnt schnell die Unterstützung großer Firmen und Hardware.
VVC (H.266) – praktisch ohne Akzeptanz, kein Bedarf und keine Hardware.
AV2 – kommt, aber die Expansion wird Jahre dauern.
In der Praxis bedeutet dies, dass der Markt noch lange im Duo HEVC + AV1 arbeiten wird und die Codec-Revolution – falls sie kommt – wahrscheinlich von ganz anderer Seite als VVC kommen wird.
Katarzyna Petru











